.

"Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen,

sondern die Meinungen,

die wir von den Dingen haben."

Epiktet

 

Einleitung :

 

Therapieansätze und -modelle werden in der neueren systemischen Fachliteratur zunehmend unter der Perspektive des Radikalen Konstruktivismus beschrieben.

Dies ist ein Effekt und Ausdruck eines Umbruchs, der die am systemischen Ansatz orientierte Beratungspraktiker-Szene anfangs der 80er Jahre erfaßte und sie seitdem nicht zur Ruhe kommen läßt. Ausgelöst wurde die Reform durch die Erkenntnis, daß sich einige, bis dahin grundlegende Prinzipien und Prämissen des therapeutischen bzw. beratenden Handelns, innerhalb des bis dahin eher pragmatisch orientierten Feld der Familientherapie nicht mehr aufrecht erhalten lassen.

Ausgehend von Entwicklungen innerhalb der Familientherapie - und da vor allem in Strömungen, die dem ´Mailänder Modell` nahe stehen, wurde - neben dem Praxisfeld ´systemische Familientherapie` - das der ´systemischen Therapie` als ein weiteres etabliert. Reiter deutet die Veränderung innerhalb der Therapeutenszene als Teil eines kulturellen Wandels im Verlauf der letzten Jahrzehnte, "der von einer Betonung der Außensteuerung des Verhaltens zu einer Hinwendung zu Theorien des ´Selbst` und der Innensteuerung geht - als eine Folge des zunehmenden Individualismus westlicher Gesellschaften", Selvini-Palazzoli spricht von der "Wiederentdeckung des Individiums", warnt aber zugleich vor einem Rückfall zur Psychoanalyse.

Mehr oder minder drastisch- spektakuläre Interventionen, die früher im Mittelpunkt therapeutischer Techniken standen, weichen nun der neuen therapeutischen Grundhaltung des "Nichtinterventionismus" und kontrastieren damit deutlich zu dem therapeutische Verhalten in der klassischen Ära der Familientherapie. Die Rolle des Therapeuten als Experte wird kritisch hinterfragt, klassische Objektivitätsvorstellungen werden problematisiert und die Entscheidung über die Art und Weise der Beeinflussung und Intervention wird zunehmend zu einer

Frage der Ethik.

Ein Prozeß des Umdenkens über Therapie und andere Formen des psychosozialen Helfens begann und hat zu theoretischen Konzepten geführt, die - zusammen mit einer auf sie abgestimmten Praxis - zu einem neuartigen Verständnis von Menschen und ihren Beziehungen führen. Verschiedene Autoren beschreiben mit unterschiedlichen Begriffen die bisher stattgefundenen Veränderungen und Erkenntnisse, mit deren Hilfe es möglich geworden ist, Probleme, die Menschen in ihrem Miteinander erzeugen und mögliche Auswege, die daraus führen können, neu zu fassen.

Auffallend daran ist die starke Zuwendung zu metatheoretischen Fragestellungen, vieles spricht für eine erkenntnis-theoretische Wende. Das therapeutische Handeln wurde dem Primat einer bestimmten Erkenntnisphilosophie unterworfen, nämlich der des Radikalen Konstruktivismus und der damit verbundenen Theorien der Autopoiese und Selbstorganisation.

 

 

Auf folgende Aspekte bei den Übertragungsversuchen des Radikalen Konstruktivismus auf die praktische Sozialarbeit möchte ich im Rahmen meiner Hausarbeit etwas näher eingehen:

[ zurück zum Inhalt ] [ weiter zu Kapitel 1 ]