Fertigkeiten
für die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines Arbeitsbündnisses
zwischen Familie und BeraterInnen
A. Wahrnehmungs- und konzeptionsbezogene
Fertigkeiten
-
Verstehen Sie die
große Verantwortung, die Frauen für das Wohlergehen der Familie
übernehmen und erkennen Sie die Schuldgefühle an, die sie haben, wenn
in der Familie Probleme entstehen.
- Realisieren Sie, daß Männer und Frauen Opfer ihrer
geschlechtsspezifischen Sozialisation sind und entwickeln Sie eine
vorwurfsfreie Haltung gegenüber diesem sozialisationsbedingte Verhalten.
- Erkennen Sie die Bedeutung, eine enge Verbindung zu den Männern
herzustellen, damit ihre Mitwirkung in der Therapie gewährleistet ist und
sie dadurch aufgefordert sind, ihre privilegierte Position aufzugeben.
- Verstehen Sie die Bedeutung einer egalitären
(nicht-hierarchischen) Beziehung in der Ehe und zwischen BeraterInnen und
Familie.
- Verstehen Sie die Notwendigkeit eines klaren Vertrags, der deutlich
die Erwartungen und Ziele der Beratung aufzeigt sowie die wechselseitigen
Rollen und Verantwortungen der BeraterInnen und der Familie im Interesse der
Entmystifizierung der Beratung und dem Abbau der Hierarchie zwischen
BeraterInnen und Familie.
- Erkennen Sie die Bedeutung der Selbstdarstellung der BeraterInnen, um
die Schwierigkeiten der geschlechtsspezifischen Rollen anzugehen und um die
Hierarchie in der Beziehung der Beziehung der BeraterInnen zur Familie abbauen
zu können.
- Erkennen Sie, daß beraterische Kompetenz auf Selbstvertrauen
beruhen kann - ohne das Bedürfnis, auf eine autoritäre Art und Weise
"die Leitung zu übernehmen".
[ zurück zum Inhalt
]
B. Handlungsbezogene Strategien
- Definieren Sie das beraterische Bündnis
so, daß die BeraterInnen und die Familienmitglieder den gleichen Status
einnehmen bezüglich der Verantwortung und Fähigkeit, Probleme zu
lösen.
- Vermeiden Sie, das Verhalten der Familie als "Widerstand" zu
definieren oder entsprechend zu reagieren, da dies die BeraterInnen als
ExpertInnen definiert. So kann keine hierarchische und damit konkurrierende Art
des Arbeitsbündnisses entstehen.
- Verhandeln Sie mit der Familie als einer gleichgestellten Partnerin
darüber, welche Ziele die Beratung haben soll, wie lange sie dauern soll
und welche besonderen Strategien oder Interventionen erlaubt sind.
- Wenn Sie im beraterischen Prozeß sich selbst einbringen, dann
achten Sie darauf, daß die Gemeinsamkeiten in der
Geschlechterrollenproblematik deutlich werden und die BeraterInnen nicht als
neutrale oder entscheidende Autoritäten erlebt werden.
- Beeinflussen Sie alle Mitglieder der Familie in die Richtung,
daß Nutzen und Kosten der Familienmitgliedschaft gleichmäßig
aufgeteilt werden.
- Teilen Sie mit, daß einer der wichtigsten Aspekte der Beratung
ist, der Familie dabei zu helfen, die negativen Auswirkungen der
geschlechtsspezifischen Sozialisation zu erkennen und Alternativ aufzuzeigen.
[ zurück zum Inhalt
]
.
Fertigkeiten für die Problemdefinition
A.
Wahrnehmungs- und konzeptionsbezogene Fertigkeiten
- Erkennen sie die
ungerechte Machtverteilung zwischen Männern und Frauen als bedeutendes
dynamisches Element bei Familienproblemen und analysieren sie die eheliche
Beziehung hinsichtlich der ungleichen Zuteilung von Einflußnahme,
Kontrolle, Wahlmöglichkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten, Wahrnehmung
von Chancen und sozialem Status.
- Verstehen sie die Wechselbeziehung zwischen der ungerechten
Machtverteilung in der Ehe wie in der Gesellschaft, das heißt, daß
die Abwertung von Frauen sich in pädagogischen, religiösen,
politischen und ökonomischen Institutionen widerspiegelt und
verstärkt wird durch ihren sekundären Status in der Ehe.
- Seien sie vertraut mit Theorie und Forschung über vorhandene
negative Effekte, die sich aus der traditionellen geschlechtsspezifischen
Rollenverteilung bei Frauen, Männern, Kindern, in Familienstrukturen,
zwischenmenschlichem Verhalten und Beziehungen ergeben.
- Bewerten sie Frauen positiv, anerkennen sie ihre Stärken und
Kompetenzen und die wichtige Arbeit, die sie in der Familie leisten.
- Erkennen sie, daß das traditionelle Geschlechterrollenleitbild
die Ungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen verstärkt und somit
zu Problemen in der Familie führt. Diese Erkenntnis sollte das
Verständnis, wie geschlechtsspezifisches Verhalten in der Familie gelehrt
und aufrechterhalten wird, mit einschließen.
- Erkennen sie, daß traditionelle Absprachen in Bezug auf die
Kindererziehung oft zu dysfunktionalen Familienstrukturen führen.
- Schätzen sie die Bedeutung des individuellen und des
familiären Wohlbefindens so ein, daß sie erkennen, daß die
Verantwortung für das familiäre Wohlbefinden für Frauen dann
belastend ist, wenn es auf Kosten ihrer eigenen Selbstentfaltung geht.
- Erkennen sie, ob zugeschriebene Verhaltensweisen dazu beitragen,
Machtstrukturen aufrechtzuerhalten und die traditionelle Rolle der Frau als
Erzieherin und die für das Wohlbefinden der Familie Verantwortliche
fortzuschreiben.
- Definieren sie die Probleme der Familie unter Berücksichtigung
der unterschiedlichen Machtverteilung und der stereotypen Erwartungen und
Verhaltensweisen.
B.
Handlungsbezogene Fertigkeiten
- Beobachten sie die
Dynamik in der Familie hinsichtlich jener Vorstellungen, Verhaltensweisen und
Interaktionen, die sowohl die Ungleichheit der Machtverteilung als auch
stereotype Rollenzuschreibungen unterstützen und aufrechterhalten.
- Unterstützen sie die Familie dabei, Kosten und Nutzen für
jedes Familienmitglied und für das Familiensystem abzuwägen, wenn
Rollen und Verpflichtungen verteilt werden.
- Bestimmen sie, ob die Rollenverteilung aus genuinen (angeboren,
erblich) Verhandlungen hervorgegangen ist und ob diese Verteilung der richtige
Weg ist, um individuelle und systemische Bedürfnisse aufrechtzuerhalten;
oder ob sie statt dessen eine ungeprüfte Reaktion auf gesellschaftliche
Erwartungen darstellt.
- Ermutigen sie jedes Familienmitglied, seine eigenen Ansichten
über das Problem mitzuteilen, und zwar in dem Sinne, daß sowohl die
affektiven als auch die rationellen Komponenten der Darstellung Gültigkeit
besitzen und unterstützt werden.
- Geben sie explizite Erklärungen ab oder stellen sie Fragen
hinsichtlich der Auswirkungen des von der Familie definierten Problems auf den
Kontext, die Tradition oder auf die Sozialisation.
- Dort, wo es angemessen erscheint, fassen sie noch einmal die
familiären Definition der Probleme zusammen, die mit Sexismus,
patriarchalen Strukturen oder Vorurteilen gegenüber dem anderen Geschlecht
zu tun haben.
- Widerstehen sie offenem oder verstecktem Druck der Familie, eine
"ExpertInnenrolle" zu übernehmen oder die Hauptverantwortung für die
Veränderungen während der Beratung zu tragen.
[ zurück zum Inhalt
]
.
Fertigungen für eine
mögliche Veränderung
A.
Wahrnehmungs- und konzeptionsbezogene Fertigkeiten
- Identifizieren sie
stereotypes Rollenverhalten, wenn es in den Sitzungen vorkommt.
- Erkennen sie die politische Dimension der Beratung und wie die
Familienberatung unabsichtlich traditionelles Geschlechterrollenverhalten
unterstützen könnte.
- Erkennen sie die Gültigkeit einer weiblichen Sicht der Welt und
der Realität. Diese Wahrnehmung, die aus den Lebenserfahrung von Frauen
entstanden ist, unterscheidet sich oft von der der Männer.
- Bewerten Sie vergleichend sowohl expressive als auch instrumentelle
Verhaltensweisen. Erkennen sie auch die Bedeutung beider Verhaltensweisen
für Männer und Frauen.
- Erkennen Sie, daß Rollen und Verantwortung neu verteilt werden
müssen, um eine tatsächliche Veränderung in der Familie zu
erreichen.
- Beurteilen Sie den Wert der Einsicht, des Bewußtseins und der
sozialen Analyse im Prozeß der Veränderung (das heißt,
kognitive Veränderung ist ein bedeutendes Instrument für eine
effektive Verhaltensänderung).
- Erkennen sie die große Bedeutung der individuellen Entwicklung
und des Wohlbefindens innerhalb des Kontextes der Entwicklung und
Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen.
- Stellen sie fest, daß der Unterstützung von Frauen in der
Familie große Bedeutung zukommt, weil Frauen gewöhnlich vielmehr als
nur einen Teil zur Verantwortung beitragen, aber viel weniger Anteil an
Entscheidungen haben.
- Nehmen sie wahr, daß die Unterstützung von Frauen dazu
beiträgt, daß sie weniger angepaßt sind und weniger
Verantwortung für das Wohlbefinden der Familie zu tragen haben,
während jedoch gleichzeitig den Männern dabei zu helfen ist, mehr
Verantwortung zu übernehmen.
- Erkennen sie die Bedeutung, die den BeraterInnen als Modelle
für nicht stereotypes Verhalten zukommt; es beeinflußt die
Wahrnehmungen und Meinungen der Familienmitglieder hinsichtlich eines
"passenden" geschlechtsspezifischen Verhaltens.
[ zurück zum Inhalt
]
B.
Handlungsbezogene Fertigkeiten
- Klären Sie die Familie, falls
erforderlich, darüber auf, wie besondere Rollenverteilungen, Strukturen
oder Verhaltensbezogene Abläufe zur Untermauerung der untergeordneten,
abhängigen Position von Frauen beitragen.
- Helfen Sie den Familienmitgliedern, sich auf eine Art und Weise zu
Verhalten, die sowohl die stereotypen, geschlechtsbezogenen Muster in Frage
stellt als auch Alternativen bereitstellt.
- Helfen sie den Familienmitgliedern, sich auf eine Art und Weise zu
Verhalten, daß die Verantwortung für die Kindererziehung neu
verteilt wird in dem Sinne, daß sie von beiden Elternteilen getragen
wird, damit die Kinder eine enge Beziehung zu jedem Elternteil eingehen
können.
- Unterstützen sie die Kompetenz von Frauen, und zwar sowohl im
traditionellen als auch im nicht-traditionellen Bereich.
- Wirken sie der Tendenz von Frauen entgegen, sich für wertlos zu
halten oder sich selbst zu entschuldigen oder sich als hilflos und
unzulänglich zu zeigen.
- Vertreten sie einen androgynen Stil; eine Kombination aus
"maskulinem" (instrumentellen, problemlösenden) und "femininem"
(affektivem, hegenden) Verhalten.
- Sprechen Sie respektvoll mit Frauen und nehmen Sie sie im Kreise
ihrer Partner und Kinder ernst.
- Reduzieren Sie die Hierarchie im Familienkreis auf ein
Mindestmaß: a. durch eingehende Befragung, wenn männliche Dominanz
und weibliche Unterordnung sichtbar werden; b. bewerten sie die Arbeit der
Frauen in der Familie als positiv; c. stellen Sie Verhaltensvorschriften oder
-muster in Frage, die geschlechtsspezifisch sind.
- Diskutieren und analysieren Sie eingehend individuelles und
systemisches Verhalten hinsichtlich der politischen Bedeutung. Das dient dazu,
die Familienmitglieder auf den Einfluß aufmerksam zu machen, den
Ökonomie, Sexismus und Rassismus auf ihr Leben haben.
- Gleichen Sie vor der Beratung vorhandene Ungleichheiten aus, indem
a. den Frauen zeitweilig eine Machtstellung gewährt wird; Frauen
Verhandlungsstrategien beigebracht werden; c. Männern und Frauen
bewußt gemacht wird, wie wichtig der Ausdruck von Gefühlen ist; zu
einer Veränderung aufgefordert wird, wodurch die Rollen selbst
verändert werden, nicht nur das Rollenverhalten.
[ zurück zum Inhalt
]